In den aktuellen Umfragen führen CDU und CSU. In ihrem gemeinsamen Wahlprogramm kommt das Wort Gentechnik nicht vor. Dort schreibt man lieber von „moderner Pflanzenzüchtung“: „Wir sorgen dafür, dass sich Digitalisierung, Präzisionslandwirtschaft und Pflanzenzüchtung entfalten können. Die Regulierung neuer Züchtungstechnologien muss praxistauglich sein. Moderne Instrumente der Züchtung wie 'Smart Breeding' unterstützen wir.“ Bei Smart Breeding wird die Züchtung durch molekularbiologische Erkenntnisse und Genomscreening unterstützt. Im Gegensatz zu neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas – von der Union als neue Züchtungstechnologie bezeichnet - ist damit kein Eingriff ins Erbgut verbunden. Auch konventionelle Züchter:innen arbeiten mit Smart Breeding, etwa wenn sie untersuchen, ob eine Pflanze ein Markergen für bestimmte Eigenschaften besitzt.
Im Wahlprogramm der SPD kommen die Worte Gentechnik, Züchtung, Saatgut oder ökologischer Landbau nicht vor. Auf Nachfragen antwortete die Parteizentrale, die SPD fordere „klare Regeln für Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung bei Produkten, die mithilfe neuer Gentechniken hergestellt werden. Die Kennzeichnung von entsprechenden Produkten ist aus unserer Sicht unverzichtbar.“ Weiter schrieb die SPD: „Bevor eine neue Gentechnik zugelassen wird, braucht es für jeden Einzelfall eine umfassende, transparente Risikobewertung. Denn auch bei neuen Gentechniken können ungewollte Effekte auftreten, die Gesundheit und Umwelt gefährden könnten“.
Im Gegensatz zu früheren Wahlprogrammen lehnen Bündnis 90/Die Grünen Agrogentechnik und neue gentechnische Verfahren nicht mehr explizit ab. Statt ausführlicher Positionierungen zu diesem Thema findet sich 2025 nur noch eine knappe Passage in der Rubrik Verbraucherschutz: „Gentechnikfreie Lebensmittel sind für viele Verbraucher*innen wichtig. Damit das möglich bleibt, müssen alle, die gentechnikfrei arbeiten wollen, das auch in Zukunft können. Dafür ist entscheidend, dass es keine Patente auf Leben gibt: Pflanzen, Tiere, Saatgut und Gene dürfen nicht patentiert werden, auch nicht in digitalisierter Form. Und es braucht eine Kennzeichnungspflicht für gentechnisch verändertes Saatgut und Lebensmittel.“ Diese Punkte betonte auch der scheidende grüne Agrarminister Cem Özdemir kürzlich vor einer Sitzung des Agrarrats in Brüssel.
Die Position der FDP ist ebenfalls knapper formuliert als früher: „Die Möglichkeiten von neuen Züchtungsmethoden wie der Genschere CRISPRCas9 wollen wir nutzen. Solche biotechnologischen Verfahren erweitern den landwirtschaftlichen Werkzeugkasten. Mit ihnen können wir landwirtschaftliche Produktivität und Umweltschutz vereinen.“ Das sieht die Linke anders: „Patente auf Leben verbieten, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen unterbinden“, heißt es in ihrem Wahlprogramm. „Auch die sogenannten modernen Verfahren der Gentechnik, wie zum Beispiel die Genschere, müssen den gleichen Kontrollen und Regularien unterliegen wie die älteren Verfahren.“ Ähnlich klingt es beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): „Agrogentechnik und Patente auf Leben lehnen wir ab. Saatgut muss frei nachgebaut werden dürfen. Insbesondere der Erhalt von alten und regionalen Sorten sollte dabei im Vordergrund stehen.“
Im Wahlprogramm der AFD finden sich zwei unterschiedliche Ansagen. Im Landwirtschaftsteil heißt es: "In der Forschung sind weitere Fortschritte bei neuen genomischen Techniken (CRISPR) wichtig, deshalb unterstützen wir dahingehende Bemühungen. Jedoch sollte der Einsatz von Gentechnik in der landwirtschaftlichen Praxis streng überwacht und stets auf seinen tatsächlichen Nutzen überprüft werden.“ 40 Seiten weiter hinten steht unter Forschung und Technik: „Die Verwendung von Produkten aus der gentechnischen Industrie in Nahrung, Kosmetik oder Kleidung, ist im Alltag weit verbreitet. Statt diese Realität zu leugnen, muss Deutschland, als rohstoffarmes Land, technologieoffen sein. Hemmend wirken hierzulande Gesetze wie das Gentechnikgesetz (GenTG), das strenge Auflagen für Anbau und Forschung macht, sowie die EU-Verordnung 1829/2003, die den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Lebensmitteln einschränkt. Die AfD wird eine offene Debatte über die Vorteile der Gentechnik führen und einen pragmatischen rechtlichen Rahmen durchsetzen. Dazu muss auch das GenTG einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.“
Wer den Politiker:innen beim Thema Agrogentechnik für die kommende Legislaturperiode schon mal die Richtung weisen will, kann das mit einer Mailaktion tun, die einige gentechnikkritische Verbände auf ihren Webseiten anbieten. Mit ein paar Klicks kann jede:r die Spitzenkandidat:innen der Parteien per E-Mail auffordern, sich für Kennzeichnung und Risikoprüfung bei Produkten aus neuer Gentechnik einzusetzen. [lf/vef]